Neubrandenburg/Greifswald, 26. November 2024 – Es sind 60 Papiertütchen, die Anne Jenssen neben sich stehen hat. Die Mitarbeiterin der Firma SAATZUCHT STEINACH GmbH & Co. KG kümmert sich in diesem letzten Forschungsjahr des Leitprojektes PHYSICS FOR SEED TREATMENT um die Ermittlung des Tausendkorngewichts und des Eiweißgehaltes der Blauen Lupine, die auf Versuchsfeldern in Mecklenburg angebaut worden ist.
Die Lupinensamen sind dafür im Frühjahr am Leibniz-Institut für Plasmaforschung & Technologie e.V. (INP) mit Plasma behandelt worden. Die Frage: Ist Plasma wirksam gegen Pflanzenkrankheiten wie Anthraknose? Dieser Frage geht die INP-Wissenschaftlerin und Leitprojektleiterin Dr. Nicola Wannicke nach, die mit Spannung auf die Ergebnisse aus Bocksee wartet. Gleiches gilt für die Feldversuche in der Nähe von Güstrow, wo die Plasmabehandlung am Saatgut von Weizen und Gerste erforscht wird.
Tausendkorngewicht und Eiweißgehalt werden ermittelt
Bei SAATZUCHT STEINACH wird Anne Jenssen von Regine Dieterich unterstützt, die als Lupinenzüchterin für alle Versuche auf dem Betriebsgelände für PHYSICS FOR SEED TREATMENT verantwortlich ist. Für das Tausendkorngewicht entnimmt Anne Jensen eine Handvoll Lupinen aus dem Tütchen und wiegt sie. Bei einem Gewicht von um die 30 Gramm kommt Marvin zum Einsatz. Marvin? „Ja, so lautet die offizielle Bezeichnung des Gerätes“, erklärt Regine Dieterich das Körnerzählgerät. Es ermittelt das Tausendkorngewicht, indem in einer Art Schublade die Lupinensamen verteilt werden und innerhalb von Sekunden zählt und vermisst das spezielle Gerät die Probe.
Das Ergebnis wird mit Hilfe der Prüfgliednummer mit einem Scanner in das Computerprogramm von Marvin eingelesen. Das Gewicht und die Kornzahl der Proben werden automatisch übernommen. Das Programm errechnet dann daraus das Tausendkorngewicht.
Wenn das Tausendkorngewicht abgearbeitet ist, geht es mit dem Eiweißgehalt weiter: „Hierfür müssen die Lupinensamen eines Tütchens in ein Messglas, und zwar so viele wie möglich“, sagt Anne Jenssen und stellt den Behälter dann kopfüber auf die Platte eines weiteren Messgerätes, dem Nahinfrarotgerät. „Mithilfe von Infrarot können wir Aussagen zum Eiweißgehalt treffen“, so Regine Dieterich. Neben dem Ertrag sind das Tausendkorngewicht und der Eiweißgehalt die wichtigsten Parameter für Lupinenanbauer.
Plasma bringt positive Effekte
Wenn die Daten erfasst worden sind, werden sie an Dr. Nicola Wannicke weitergereicht, die sich um die Auswertung am INP in Greifswald kümmert. Dann ist auch der letzte Schritt im Leitprojekt PHYSICS FOR SEED TREATMENT in Bezug auf die Lupine beendet. Bei Weizen und Gerste gibt es aktuell noch differenziertere Analysen in einem Speziallabor. Die Ergebnisse werden womöglich erst im zeitigen Frühjahr des kommenden Jahres vorliegen. Die ersten Tendenzen stimmen allerdings optimistisch: Versuche beim Thema Saatguthygiene haben gezeigt, dass Krankheitserreger durch die indirekte Plasmabehandlung reduziert werden und mit der Elektronenstrahlbehandlung mithalten können. Es wurden die Pflanzenkrankheiten Flugbrand bei Wintergerste und der Weizensteinbrand untersucht.
Die direkte Plasmabehandlung brachte nach ersten Auswertungen eine Veränderung der Saatgutoberfläche mit sich, sodass das Saatgut Wasser schneller und besser aufnehmen konnte. Außerdem wurde bei allen untersuchten Pflanzenarten im Labor die Keimung und das Keimlingswachstum beschleunigt, in einigen Fällen auch einhergehend mit geringerem Wasserbedarf während der Keimung.